Die Wahl der richtigen Vergabeart

Das Vergaberecht hat vor allem anderen ein Hauptziel: Der Wettbewerb unter den Anbietern einer Leistung soll gefördert werden. Am Ende der Tage soll der Zuschlag auf dasjenige Angebot erfolgen, dass für den Auftraggeber am wirtschaftlichsten (nicht zwingend billigsten) ist.

Um ein möglichst wirtschaftliches Angebot zu erhalten, macht es grundsätzlich Sinn, die Angebotsnachfrage möglichst breit zu streuen. Je mehr Bieter sich an einem Ausschreibungsverfahren beteiligen, desto größer wird die Chance für den Auftraggeber, dass er ein qualitativ und preislich interessantes Angebot erhält.

Auf der anderen Seite kann es für die Vergabe eines Auftrages untunlich sein, einen möglichst großen Bieterkreis anzusprechen. Sind beispielsweise zur Realisierung eines konkreten Bauvorhabens absehbar nur ein paar wenige am Markt tätige Unternehmen überhaupt imstande, dann macht es für den Auftraggeber wenig Sinn das Vergabeverfahren ohne Einschränkungen am Markt zu platzieren. Er hat vielmehr ein gesteigertes Interesse daran, im Rahmen des Vergabeverfahrens nur mit den paar wenigen qualifizierten Unternehmen ins Gespräch zu kommen.

Auch kann es sein, dass der Auftraggeber nach Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens im offenen Verfahren feststellen muss, dass er kein einziges taugliches Angebot erhalten hat. Nachdem er sein Vorhaben trotzdem realisieren will, kann es hier im Einzelfall Sinn machen, dass dem Auftraggeber das Recht eingeräumt wird, direkt auf einen oder mehrere Bieter zuzugehen und mit diesen Bietern Verhandlungen über die Realisierung des Vorhabens und die Abgabe eines erneuten Angebotes zu führen.

Es können danach für den Auftraggeber verschiedene Wege zum gewünschten Erfolg führen und das Vergaberecht trägt diesen von Fall zu Fall unterschiedlichen Interessenlagen Rechnung, indem es dem Auftraggeber verschiedene Vergabearten an die Hand gibt.

Folgende Vergabearten stehen dem Auftraggeber dabei nach § 101 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) grundsätzlich zur Verfügung:

  • Das offene Verfahren
  • Das nicht offene Verfahren
  • Verhandlungsverfahren mit öffentlicher Vergabebekanntmachung
  • Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Vergabebekanntmachung
  • Der wettbewerbliche Dialog
  • Die elektronische Auktion

Die vorstehenden vom GWB verwendeten Begrifflichkeiten finden sich in den Vergabeordnungen nicht immer deckungsgleich.

Das offene Verfahren

Beim offenen Verfahren wird eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Es sollen bei diesen Vergaben also in der Regel möglichst viele Unternehmen angesprochen werden und sich möglichst viele Bieter am Vergabeverfahren beteiligen können.

Das nicht offene Verfahren

Beim nicht offenen Verfahren werden Bewerber zunächst öffentlich zur Teilnahme an der Ausschreibung aufgefordert. Aus dem Bewerberkreis, der sich qualifiziert hat, wird sodann eine beschränkte Anzahl von Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert.

Das Verhandlungsverfahren

Beim Verhandlungsverfahren wendet sich der Auftraggeber mit oder ohne vorherige öffentliche Aufforderung zur Teilnahme an ausgewählte Unternehmen, um mit einem oder mehreren über die Auftragsbedingungen zu verhandeln.

Das offene Verfahren als Regelverfahren in VOB/A und VOL/A

Die Vergabeordnungen für Bau- und Liefer- und nicht freiberuflichen Dienstleistungen, VOB/A und VOL/A, sehen als Regelverfahren das offene Verfahren vor.

Nur bei Vorliegen besonderer Umstände, die in § 3 VOB/A bzw. § 3 VOL/A näher beschrieben sind, kann der öffentliche Auftraggeber von Bau-, Liefer- und nicht freiberuflichen Dienstleistungen mit dem nicht offenen Verfahren oder dem Verhandlungsverfahren eine Vergabeart wählen, die den Wettbewerb stärker beschränkt, dem Auftraggeber aber mehr Handlungsspielraum einräumt.

Die VOF sieht als Regelverfahren das Verhandlungsverfahren mit vorangehendem Teilnahmewettbewerb vor, § 3 VOF.

Bei Vergabeverfahren nach der SektVO können Auftraggeber grundsätzlich frei zwischen offenem Verfahren, nicht offenem Verfahren mit Bekanntmachung und Verhandlungsverfahren mit Bekanntmachung wählen, § 3 SektVO.

Weiter sehen § 3 VOB/A und § 3 VOL/A für Auftragswerte bis zu 10.000 Euro bei Bauleistungen bzw. 500 Euro bei Lieferleistungen vor, dass diese Aufträge vom öffentlichen Auftraggeber ohne jegliches Vergabeverfahren freihändig beschafft werden können. Bei solchen geringen Beträgen sollen die Auftraggeber nicht in unverhältnismäßig hohe Kosten verursachende Vergabeverfahren gezwungen werden.

Wählt der Auftraggeber die falsche Vergabeart, so können dies die Bieter im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens rügen.