Folgen von unzureichenden Leistungsbeschreibungen

Die Folgen unzureichender Leistungsbeschreibungen können wirtschaftlich enorme Ausmaße annehmen und beschäftigen im Einzelfall auch die staatlichen Gerichte für Jahre.

Dabei ist hinsichtlich der Folgen unzureichender Leistungsbeschreibungen zwischen dem Vergabeverfahren einerseits und dem sich anschließenden Bauvertragsverhältnis andererseits zu unterscheiden.

Mangelhafte Leistungsbeschreibung im Vergabeverfahren

Erkennt ein Auftragnehmer, dass eine Leistungsbeschreibung Lücken, Unklarheiten oder Fehler enthält, dann sollte er tunlichst schon im Vergabeverfahren reagieren, um diese für seine Kalkulation grundlegenden Fragen zu klären.

Der Auftragnehmer steckt dabei in einem gewissen Dilemma. Ist die Leistungsbeschreibung nicht eindeutig und klar oder wird dem Bieter ein ungewöhnliches Wagnis übertragen, dann ist dies ein eindeutiger Verstoß gegen – bieterschützende – Vergabevorschriften. Dieser Verstoß kann vom Bieter mittels Vergaberüge und nötigenfalls mittels eines sich anschließenden Nachprüfungsverfahrens bei der Vergabekammer abgestellt werden.

Bieter scheuen aber in der Praxis oft davor zurück, dem Auftraggeber bereits im Ausschreibungsstadium eine „Rüge“ zu erteilen oder ihn gar vor die Vergabekammer zu zerren. Aus atmosphärischen Gründen wird auf solch „harte“ Maßnahmen oftmals verzichtet und beim Auftraggeber lediglich angefragt, wie denn dieser oder jener Passus in der Leistungsbeschreibung zu verstehen sei.

Mögliche Rügepräklusion des Bieters

Bieter, die auf offensichtliche Vergabeverstöße durch den Auftraggeber aber dergestalt zurückhaltend reagieren, sollten sich darüber im Klaren sein, dass für ihr Anliegen, noch im Ausschreibungsverfahren zu einer Klärung von Unklarheiten zu gelangen, eine wichtige Frist läuft. Nach § 107 Abs. 3 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) ist die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages bei der Vergabekammer nämlich davon abhängig, dass der Vergabeverstoß vom Bieter gegenüber dem Auftraggeber „unverzüglich“ nach Kenntnis gerügt wurde.

Unterlässt der Bieter aber eine unverzügliche Rüge, fragt er nur zaghaft beim Auftraggeber an und dokumentiert er damit seine Kenntnis des Vergabeverstoßes, dann ist er in einem Nachprüfungsverfahren mangels unverzüglicher Rüge im Zweifel ausgeschlossen. Gerade wenn die Antwort des Auftraggebers auf die Aufklärungsbitte des Bieters alles andere als zufrieden stellend ist, wird sich der Auftraggeber wünschen, er hätte sein Anliegen nicht nur höflich als Aufklärungsfrage gestellt, sondern seinem Schreiben offiziell den Titel „Vergaberüge“ gegeben.

Auswirkung der mangelhaften Leistungsbeschreibung auf den Bauvertrag

Fehler und Unzulänglichkeiten einer Leistungsbeschreibung werden nach Vertragsschluss in der Praxis regelmäßig auf Basis durchaus langwieriger Nachtragsauseinandersetzungen ausgetragen.

Auseinandersetzungen, ob eine bestimmte Leistung vom geschuldeten Leistungs- und vor allem dem damit korrespondierenden Vergütungssoll umfasst war, beschäftigen mittlerweile eine ganze „Nachtragsbranche“.

Diese Streitfälle spielen sich dann aber vor dem Hintergrund der Regeln in den § 2 Abs. 5, 6 und 8 VOB/B und § 6 Abs. 6 VOB/B ab.

Einen Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers gegen den Auftraggeber, weil dieser gegen seine Pflicht zur Erstellung einer eindeutigen und klaren Leistungsbeschreibung verstoßen hat, gibt es wohl nicht.