Grundzüge des Vergaberechts

Nach einer Definition des Bundesverfassungsgerichts wird als Vergaberecht „die Gesamtheit der Normen bezeichnet, die ein Träger öffentlicher Verwaltung bei der Beschaffung von sachlichen Mitteln und Leistungen, die er zur Erfüllung von Verwaltungsaufgaben benötigt, zu beachten hat“ (BverfG, Urteil vom 13. 06. 2006, 1 BvR 1160/03).

Dabei ist das Vergaberecht in Deutschland ein relativ junges Rechtsgebiet. Das Vergaberecht in seiner heutigen Form trat erstmals zum 01.01.1999 in Kraft. Vor dieser Zeit ergaben sich für den öffentlichen Auftraggeber – kaum nachprüfbare – Beschränkungen seiner Beschaffungstätigkeit lediglich aus dem Haushaltsrecht und einer Handvoll Verwaltungsvorschriften.

Aufgrund gesetzlicher Regelungen kann der Staat heutzutage im Rahmen seiner Beschaffungstätigkeit aber seine Entscheidungen nicht frei, wie ein privater Unternehmer, treffen, sondern ist vielmehr einem strengen – und notfalls auch nachprüfbaren – Regime unterworfen.

Will der öffentliche Auftraggeber mit einem Bauunternehmer einen Vertrag über die Errichtung einer neuen Schule abschließen, will er neue Computer für die Verwaltung beschaffen oder sich auch die Dienstleistung eines Consulting-Unternehmens sichern, um Arbeitsabläufe in einer Behörde effizienter zu gestalten, dann kann der für den Einkauf zuständige Beamte die Auftragsvergabe nicht einfach nach Gutdünken vornehmen. Die Zeiten, in denen ein Behördenleiter Bauaufträge freihändig an das örtliche Bauunternehmen vergeben konnten oder bei zu beschaffenden Liefer- oder Dienstleistungen zu aller erst an seinen Golf- oder Tennispartner dachte, sind seit Einführung des Vergaberechts in Deutschland vorbei.

Öffentliche Auftraggeber haben ihre Aufträge vielmehr seit dem 01.01.1999 grundsätzlich „im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren“ zu vergeben, § 97 Abs. 1 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen).

Grundlage einer jeden Auftragsvergabe durch einen öffentlichen Auftraggeber soll demnach ein „Wettbewerb“ zwischen mehreren potentiellen Auftragnehmern sein. Anhand von vom Auftraggeber festzulegenden Kriterien soll im Wettbewerb derjenige Bieter ermittelt werden, der in der Lage ist, eine Bau-, Liefer- oder Dienstleistung am „wirtschaftlichsten“ zu erbringen, § 97 Abs. 5 GWB.

Vergaberecht dient aber nicht nur dem öffentlichen Auftraggeber auf dem Weg zu einem möglichst wirtschaftlichen Angebot. Das Vergaberecht hat vielmehr auch deutlich eine den Bieter schützende Funktion.

Der vom öffentlichen Auftraggeber durchzuführende Wettbewerb muss nämlich für die einzelnen Bieter „transparent“ sein. Der Bieter soll also am Ende der Tage erfahren, aus welchen Gründen und auf welcher Faktengrundlage eine bestimmte Vergabeentscheidung vom öffentlichen Auftraggeber getroffen wurde. Zum Wesen der Transparenz gehört auch, dass die Bieter vom öffentlichen Auftraggeber zu Beginn der Ausschreibung einer Leistung dezidiert über die Kriterien informiert werden, die der Auftraggeber seiner Vergabeentscheidung zugrunde zu legen gedenkt.

Im Laufe eines Vergabeverfahrens sind – nach den Idealvorstellungen des Gesetzes – alle Bieter gleich zu behandeln. Es darf also kein Bieter vom öffentlichen Auftraggeber bevorzugt oder mit zusätzlichen Informationen versorgt werden. Unternehmen, die an einem Vergabeverfahren teilnehmen, haben Anspruch darauf, dass der Auftraggeber gerade die bieterschützenden Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält, § 97 Abs. 7 GWB.

Diesen Anspruch auf Einhaltung der Vergabevorschriften kann – zumindest bei Vergaben oberhalb der so genannten Schwellenwerte – jeder Bieter notfalls auch mit gerichtlicher Hilfe durchsetzen. Ein im Vergaberecht vorgesehener und durchaus effektiver Rechtsschutz soll dafür bürgen, dass am Ende der Tage tatsächlich der Bestbieter zum Zuge kommt.